„Ich wünsche mir nicht, dass alles so wird, wie es früher mal war, aber dass es wieder wird.“

Erich M., 91 Jahre; Zeitpunkt des Interviews: Mitte Februar 2021

Erich M. nahm vor der Corona-Pandemie an einem Mittagessen für Senioren im Rahmen einer sozialen Einrichtung teil.

 

Herr M. ist ein 91 Jahre alter, jung gebliebener Witwer. Er ist politisch sehr engagiert und pflegte vor der Pandemie viele soziale Kontakte.

Vor der Corona-Pandemie war er politisch sehr aktiv, war Teilnehmer einer Seniorengruppe und nahm einmal wöchentlich an einem Mittagessen für Senioren mit anschließender Gesprächsrunde teil. Das Ziel des Mittagessens ist das Knüpfen sozialer Kontakte. Durch dieses Angebot sind Freundschaften entstanden und es finden auch Treffen außerhalb der Einrichtung statt. Erich M. ist kulturell sehr interessiert, besucht regelmäßig Ausstellungen in Museen und Konzerte. Außerdem geht er leidenschaftlich gerne ins Kino. Ansonsten nutzt er seine freie Zeit, um ins Kaffeehaus zu gehen oder mit Bekannten Restaurants zu besuchen.

Seit der Pandemie hat sich viel für den Senior verändert. Statt in Restaurants zu gehen, kocht er nun zu Hause für sich alleine. Dass er seit dem Lockdown mehr kocht, sieht er als positiv, auch wenn er durch die wegfallenden Restaurantbesuche die sozialen Kontakte sehr vermisst. Statt in ein Kaffeehaus zu gehen, trinkt er nun zu Hause seinen Kaffee. Vor der Pandemie war Herr M. sozial sehr gut eingebunden, in der Pandemie finden persönliche Treffen nur noch mit einer Person statt.  Zu seinen Bekannten der politischen Runden sowie zu seinen beiden Töchtern hält er virtuellen Kontakt. Zu den Teilnehmer*innen des Mittagstischs hat er derzeit keinen Kontakt.
Die Mitarbeiter*innen der Einrichtung, die das Mittagessen für Senioren ausrichten, halten regelmäßig per Telefon, E-Mail oder Brief den Kontakt zu den Senior*innen. Der Kontakt bezieht sich nicht nur auf Informationen zur Einrichtung, sondern es besteht auch das Angebot bei Problemen oder allgemeinem Gesprächsbedarf die Mitarbeiter*innen zu kontaktieren. Laut Erich M. sind die Mitarbeiter*innen sehr „emsig“ und haben ein offenes Ohr – auch für ein Pläuschen.
Des Weiteren hat sich sein Einkaufsverhalten verändert. Er geht, wenn möglich, vor zehn Uhr einkaufen, da zu diesem Zeitpunkt meist weniger Menschen unterwegs sind. Außerdem fährt er mit dem Auto zum Einkaufen, um persönliche Kontakte in öffentlichen Verkehrsmitteln zu vermeiden. Generell meidet er große Discounter und bevorzugt stattdessen den kleinen Tante-Emma-Laden. Er widmet dem Lesen mehr Zeit und schaut besonders vormittags vermehrt aktuelle Fernsehsendungen, um über das Weltgeschehen im Allgemeinen informiert zu bleiben.

Herr M. ist bezüglich persönlicher Kontakte sehr vorsichtig. Dies zeigt sich auch darin, dass er Postsendungen in ein Postfach liefern lässt, um den Kontakt zum Paketzusteller zu vermeiden. Er bewegt sich dennoch gerne alleine an der frischen Luft. Er befürwortet den Lockdown und hält sich sehr strikt an die Empfehlungen und Regelungen der Regierung bezüglich der Hygienemaßnahmen und Kontaktbeschränkungen. Erich M. erzählt, dass er die erste Corona-Impfung erhalten hat und deshalb derzeit noch vorsichtiger ist.

Mit einem Blick in die Zukunft, was er für sich mitnehmen wird, wenn die „Normalität“ zurückkehrt, antwortete er: „Ich wünsche mir nicht, dass alles so wird, wie es früher mal war, aber dass es wieder wird.“ Er wünscht sich, dass die Leute verstehen, dass ein Paradigmenwechsel stattfindet.

Nach kurzem Nachdenken meint er: „Ich bin offen für alle und für alles.“