Back To The Roots – Familie in Zeiten einer Krise

Aren ist Schüler einer 6. Klasse einer Mittelschule in München. Er ist 13 Jahre alt und Teil der Mittagsgruppe der Offenen Ganztagsschule des Interviewenden. Er lebt mit seiner Mutter und 4 älteren Geschwistern in einem Haushalt.

Die Befragung hat Anfang Juni 2021, kurz nach Ende des großen Lockdowns beziehungsweise Wechselunterrichts, im Rahmen der Nachmittagsbetreuung in einem ruhigen Teil der Schule unter Hygienemaßnahmen stattgefunden, also mit Maske und eineinhalb Meter Abstand.

Ich habe Aren gefragt, in wie weit sich sein durch Corona bedingter Lockdownalltag als Schüler in den, zum damaligen Zeitpunkt, vergangenen 12 Monaten verändert hat. Hintergrund der Befragung war, dass die adressierten Kinder und Jugendlichen der Mittagsgruppe zu dieser Zeit mehrfach Homeschooling- Phasen, Wechselunterricht und Lockdowns, also oft tagelangen Ausgangssperren, in unübersichtlicher Frequenz ausgesetzt waren, was sich im schulischen Umgang auf verschiedenen Ebenen durch Verhaltensauffälligkeiten gezeigt hat. Sie bekundeten lautstark ihren Missmut zu den Abstandsregeln und hinterfragten immer wieder die Notwendigkeit der Masken und setzten sie auf und ab, um ihre Grenzen bei den BetreuerInnen auszutesten.

Obwohl Aren seit knapp einem Jahr nicht mehr mit seiner Mannschaft trainiert hat, ist Fußball für ihn aktuell ein zentrales Thema:

„Also, nicht meistens, ähm, bei mir hab ich immer Fußballtraining, das ist bei mir das Wichtigste, weil ich darf nicht alles verpassen, sonst verlier ich meinen Stammplatz.“

Weil ihm die soziale Struktur seiner Mannschaft fehlt, ist er dankbar sich in den Kreisen seiner Familie so wohl zu fühlen, da ihn seine Mutter und seine Geschwister auch emotional auffangen können:

„Ja, es macht immer Spaß, wir machen uns immer über uns zusammen lustig und dann lachen wir alle gemeinsam und dann, zum Beispiel, haben wir auch manchmal einen Tag wo wir alle gemeinsam Spiele spielen, zum Beispiel UNO und Brettspiele.“

Mit seiner Mutter kann er über seine Probleme und Gefühle sprechen:

„Ich red mit ihr über alles was ich erlebe und so weiter.“

Langeweile hat im Alltagsleben auch selten Platz, weil der 13-jährige in eine feste tägliche Betstruktur eingebunden ist:

„Und ansonsten darf ich eigentlich nicht immer raus weil ich muss selber etwas erledigen und selber für Gebet verrichten [5 Mal am Tag], weil unsere Religion, muss ich immer auch beten. Deswegen muss ich auch öfters zu Hause bleiben.“

Außerdem sind er und seine Geschwister sehr diszipliniert in der Haushaltsführung gefordert. Es gibt klare Regeln, kaum Streit und eine klare Aufgabenteilung:

„[…] jeder wascht seinen eigenen Teller und meine Aufgabe ist zum Beispiel, ich bringe immer den Müll raus, meine Mutter kocht, meine anderen Geschwister gehen einkaufen. […].“

Aren scheint mit seinem Zuhause und bei seiner Familie ein Polster gefunden zu haben, dass ihm zumindest bei der Kompensation einiger Einbußen durch die Corona- Maßnahmen zu helfen scheint.