“So egoistisch wie sich das anhört, aber tut mir ganz gut.”

Willi, ca. 60 Jahre alt, Berlin, November 2020

Das Gespräch mit Willi findet in einem Café einer Wohnungsloseneinrichtung statt. Er lebt im Betreuten Einzelwohnen und hat vor Beginn der Pandemie beschlossen, sich ein neues Umfeld aufzubauen, um den Weg aus der Alkoholabhängigkeit zu meistern.

Teil dieses neuen Kreises sind Kontakte, die er bei Angeboten der Schwulenhilfe geknüpft hat. Die Veränderungen im Miteinander, die dort durch den Lockdown stattfanden, beschreibt er so: „Diese fröhlichen Treffen wurden erstmal coronabedingt reduziert und dann ganz eingestellt. Dann wurde, im Sommer ging das ja so schön, ein lockeres Treffen draußen organisiert. Das waren mal mehr, mal weniger Leute. Das wurde dann auch immer mehr eingeschränkt, weil auch mehr Leute unsicher wurden und dann doch nicht hin sind. Und jetzt seit dieser Woche, wo dieser sogenannte ‚Teil-Lockdown‘ ist, was eigentlich ein interessanter Begriff ist, wurde es ganz eingestellt. Da passiert also erstmal gar nichts. Ich persönlich kann damit recht gut umgehen, weil es vorher ja schon massiv reduziert war. Zu einigen habe ich jetzt privat Kontakt und wir treffen uns auch privat, weil es denen auch größtenteils sehr wichtig ist, nicht allein dazustehen, auch in der Problematik der Homosexualität und Lockdown. Das sind allerdings 3-4 jüngere Leute, die meine Kinder oder Enkelkinder sein könnten. Und die stehen ziemlich im Regen, die leben teilweise ungeoutet bei den Eltern oder wo auch immer und da ist jetzt eine Hilfe weggebrochen. […] Und da ziehe ich auch Kraft draus, dass ich den Kontakt zu einigen Jüngeren habe, die mich anrufen und sagen: ‚Hör mal, können wir uns treffen?‘; die mir auch eine gewisse Bestätigung geben, die mir sehr guttut. Also jetzt auch ergänzend zur Betreuung, krieg ich eine gewisse Selbstbestätigung. So egoistisch wie sich das anhört, aber tut mir ganz gut.“

Durch den Wegfall von Treffangeboten durch einen Träger der Sozialen Arbeit entstehen für Willi neue Kontakte. Er erfährt Bestätigung dadurch, dass er Menschen in der Krise unterstützt.